Qualzucht? Nein!

Fallen Zwergwidder (sowie Mini Lops, NHD, Holland Lops…) ihrer Ohren wegen unter Qualzucht?

  (c) Zauberberg Miniwidder, www.magic-mini-lops.de

Derzeit gibt es etliche Debatten um bestimmte Merkmale und Gene unserer Haustiere.

Opfer dieser teilweise durchaus als Hetzjagden zu bezeichnenden „Aufklärungsversuche“ sind leider auch unsere geliebten Schlappohr-Kaninchen. Der Vorwurf: Fast jedes Kaninchen mit hängenden Ohren (ich bezeichne hier einfachheitshalber sämtliche Rassen und Linien als Zwergwidder) bekäme früher oder später Probleme mit Ohrenentzündungen (Otitis), welche natürlich einerseits schmerzhaft für die Tiere- andererseits teuer für den Besitzer seien. Hintergrund seien ein verengter Gehörgang und die Tatsache, dass die Ohren durch die hängende Position nicht ausreichend belüftet würden. Begründet wird dieser Vorwurf durch einen auf die Population nicht näher bestimmbaren Prozentsatz an erkrankten Tieren.

Wollen wir uns dieser Thematik weiter nähern, kommen wir nicht umhin, auch die vielen gesunden Tiere zu betrachten (denn Zwergwidder sind sehr beliebte Haustiere und somit zahlreich). Tierärzte mögen die Spezialisten auf dem Gebiet erkrankter Tiere sein, Züchter stellen jedoch die Spezialisten ihrer Rassen dar und haben somit einen unfehlbaren Blick auf die Gesundheit einer Rasse. Wieso dem so ist? Das ist einfach erklärt- Völlig egal, was ein Tier seinem späteren Besitzer an Kosten verursacht, ob es schwer händelbar oder krank ist- der Züchter gerät schnell ins Kreuzfeuer und ist meist „Schuld“ an der Misere. Dementsprechend ist es ein Ammenmärchen, dass Züchter kranke Tiere in Kauf nehmen- ihr Ruf (und somit auch letztlich ihr Seelenfrieden) ist davon abhängig, möglichst viele GESUNDE Tiere zu vermitteln. Schwarze Schafe mögen hiervon ausgenommen sein, aber die gibt es ja bekanntlich überall.

Fragen wir nun also die Zwergwidder Züchter (welche exzellent vernetzt sind), erhalten wir ein eindeutiges Bild: Keine bekannten oder übermäßigen Probleme mit Ohrenentzündungen, normale/hohe Lebenserwartungen der Nachzuchten, schönes Fell, Lebensqualität, Lebensfreude. Ehrlicherweise Überraschung über soviel üble Nachrede.

Diese Tatsachen sollen nun entkräftet werden, indem die Ohrenentzündungen als „unsichtbar“, „leicht zu übersehen“, „nur im CT sichtbar“ dargestellt werden. Die Tiere „leiden still und vom Besitzer unbemerkt“, heißt es. Als erfahrener Kaninchenhalter fragt man sich dabei doch automatisch, ob man die letzten 5, 10, 20 Jahre mit seinen Kaninchen Tomaten auf den Augen hatte!?

Fakt ist, Kaninchen leiden tatsächlich still- insbesondere psychisch. Körperlich leiden sie zwar auch still, aber mit Sicherheit nicht unbemerkt. Kaninchen sind nämlich äußerst schmerzempfindliche Tiere, weswegen schon eine kleine Verletzung oder Entzündung zur Einstellung der Futteraufnahme und somit unweigerlich zu Magenproblemen und Aufgasung führen kann. Es ist demnach nicht anzunehmen, dass ein von einer Otitis gequältes Kaninchen nicht irgendwann durch Fress- oder Bewegungsunlust auffällt. Munter durch das Gehege hüpfende Kaninchen als heimlich gequält zu bezeichnen, entbehrt definitiv jeder Grundlage. Ohren fliegen übrigens lustig auf und ab und lassen Belüftung zu, wenn Kaninchen fröhlich Haken schlagen, sich putzen oder übereinander gestapelt kuscheln.

Nicht absprechen möchten wir den Kritikern, dass es selbstverständlich vorkommt, dass Lebewesen erkranken. In der Zucht unserer Kaninchenrassen ist es unsere Pflicht, erkrankte Tiere, sowie anfällige Linien aus der Zucht zu selektieren und nur mit gesunden, robusten und somit geeigneten Linien fortzufahren. Selektion gehört zu jeder guten Zucht und Züchter sind zurecht stolz auf ihre gute Arbeit. Es darf das Grundrecht eines jeden Lebewesens sein, in Geborgenheit aufwachsen zu dürfen und umsorgt zu sein. Und zu dieser Sorge eines Züchters gehört auch, in Generationen zu denken und auf die Gesunderhaltung zu achten. Wo kein Überblick über Stammbaum und Herkunft, da kann diese Vorsorge zur Gesunderhaltung auch nicht stattfinden.

Und noch eine kleine Anmerkung zum Thema Wichtigkeit einer guten Zucht- Der Rassestandard schreibt ein „breites Ohr“ vor. Gemeint ist nicht das Ende des Ohres, sondern der Ohrenansatz. Ein Züchter, der seinen Rassestandard kennt und entsprechend selektiert, betreibt also Vorsorge gegen verengte Gehörgänge, welche durchaus ein mögliches Übel sein können- jedoch bei stehohrigen Kaninchen genauso wie bei unseren Schlappohren.

Zum Schluss sei noch gesagt- das deutsche Tierschutzgesetz ist eines der am weitest entwickelten Tierschutzgesetze überhaupt und es existiert eine Auslegungsschrift, die deutlich besagt, welche Kaninchen unter den Qualzuchtparagraphen fallen. Unsere geliebten Zwergwidder sind es nicht.

Dieser Text ist kein wissenschaftlicher. Er stellt Meinungen dar und möchte zur Bildung ebendieser beitragen.